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Chinas Problem mit der Demografie
Chinas Bevölkerung wird immer älter. Das könnte zu einem Problem für das Wachstum werden. Nun ruft die Regierung in Peking zur Verjüngung auf. Das Redaktionsteam von BX Swiss TV über Chancen und Risiken in China.
„Das chinesische Volk wird es niemals ausländischen Kräften erlauben, uns zu schikanieren, zu unterdrücken oder zu versklaven. Wer das wagt, dem wird an der Grossen Mauer aus Stahl, geschmiedet von 1,4 Milliarden Chinesen, der Kopf blutig geschlagen.“ Mit markigen Worten des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping feierte China vor wenigen Tagen das hundertjährige Bestehen der Kommunistischen Partei, kurz KP. Hubschrauber formten am Himmel die Zahl 100, Soldaten marschierten auf – der Machtanspruch der KP und Chinas ist unübersehbar.
Ein Anspruch, der von vielen Experten auch als gerechtfertigt angesehen wird. So gehen die Ökonomen vom Centre for Economics and Business Research (CEBR) in einem aktuellen Bericht davon aus, dass China schon im Jahr 2028 die USA als weltgrösste Volkswirtschaft ablösen wird. Lag das Land im vergangenen Jahr mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 14,4 Billionen US-Dollar noch deutlich hinter den USA mit 21,4 Billionen Dollar, könnte sich das Verhältnis in sieben Jahren vertauscht haben. Dann läge laut CEBR China mit einem bis dahin jährlich prognostizierten Wachstum von 5,7 Prozent im Zeitraum 2021 bis 2025 und 4,5 Prozent in der Zeit von 2026 bis 2030 zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte vor den USA. Letztere kommen laut CEBR nur auf ein wirtschaftliches Wachstum von 1,9 Prozent bis 2024, von da an nur auf ein durchschnittliches jährliches Plus von 1,6 Prozent.
“China ist auf dem besten Weg, von der Werkbank der Welt zur Technologienation ”, sagt Nima Pouyan, Head of Switzerland & Liechtenstein ETF bei Invesco Asset Management (Schweiz) AG im Gespräch mit David Kunz von BX Swiss TV:
BX Swiss TV | China: Von der Werkbank der Welt zur Technologienation?
Eine Verjüngung wird schwierig
Die Prognose mag zutreffen, doch auf dem Weg zum Machtwechsel liegen einige Steine. Einen Stein spricht Xi Jinping in seiner Rede zum 100-jährigen Bestehen der KP sogar an: das demografische Problem. Der Staatspräsident sagt: „In der neuen Ära sollte unsere Jugend es sich zu ihrer Aufgabe machen, zur nationalen Verjüngung beizutragen…“. Die Verjüngung ist nötig, weil die Regierenden in Peking jahrzehntelang eine Ein-Kind-Politik verfolgt haben. Diese wurde erst 2016 offiziell aufgehoben.
Die Begrenzung des Bevölkerungswachstums war für China lange Zeit sinnvoll, doch diese hat nun zur Folge, dass der Anteil der Bevölkerung im Alter von 15 bis 24 Jahren sich lediglich auf rund 72 Prozent der 45- bis 54- Jährigen beläuft. In Japan, das ebenfalls eine ungünstige Bevölkerungsstruktur aufweist, kommt der Anteil auf immerhin 79 Prozent. Damit steht China schlechter da als Japan, das allgemein als Paradebeispiel für eine Überalterung der Gesellschaft und den daraus resultierenden negativen Folgen für die Wirtschaft gilt. Japan verzeichnet seit den 1990er-Jahren extrem niedrige, zum Teil negative Wachstumsraten, was neben einer verfehlten Finanz- und Wirtschaftspolitik von Experten auch auf die demografische Entwicklung zurückgeführt wird.
Doch die von Xi Jinping angesprochene „nationale Verjüngung“ dürfte schwierig werden. Denn einerseits haben sich die Chinesen scheinbar an das „eine“ Kind gewöhnt. Zumal auch die Wohnraumverhältnisse in Chinas Städten häufig sehr beengt sind, so dass ein zweites oder gar ein drittes Kind allein daran schon scheitert. Andererseits weist China nahezu keine Einwanderung auf, was ebenfalls eine Möglichkeit zur „Verjüngung“ darstellen würde. Für China schätzen die Experten den Anteil der Menschen, die dort leben aber nicht geboren wurden, auf nur rund 0,1 Prozent. In den USA beläuft sich der Anteil auf immerhin 15 Prozent. Dies zeigt, Chinas Gesellschaft ist weitestgehend gegenüber Einwanderer abgeschottet.
China könnte sich selbst im Wege stehen
Droht damit der Traum Pekings, das Land zur weltgrössten Volkswirtschaft zu machen, zu zerplatzen? Bleibt am Ende sogar der Fall in japanische Verhältnisse, ein Mix auf Stagnation und Deflation mit nur noch marginalen bis negativen Wachstumsraten? Das ist ungewiss. Immerhin gibt es auch andere Möglichkeiten, das Wachstum bei einer schrumpfenden Bevölkerung zu forcieren, etwa durch Automatisierung und Robotertechnologie. Auch Japan versucht dies seit vielen Jahren, weswegen das Land heute zu den automatisiertesten Volkswirtschaften der Welt gehört. Allein das Wachstum konnte davon bislang nur marginal profitieren, Japan steckt nach wie vor in der Krise.
Der Werdegang der chinesischen Wirtschaft ist also nicht sicher, zumindest nicht so sicher, wie ihn Xi Jinping gerne hätte. Jedoch handelt es sich bei der demografischen Entwicklung um einen sehr langfristigen Trend, der am chinesischen Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren kaum etwas ändern wird. Insofern ist der „Machtwechsel“ im Jahr 2028, so wie ihn das Centre for Economics and Business Research voraussagt, durchaus möglich. Nur langfristig könnte sich China quasi selbst im Wege stehen. Der „Feind“ steht damit möglicherweise nicht aussen, wie der Staatspräsident formuliert, sondern schlummert im Inneren.
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